Im südlichsten Ort Deutschlands der Herbstsonne entgegen
Im hochgelegenen Alpendorf Oberstdorf mit den ursprünglichen Fluss- und Quelltälern und den angrenzenden Bergen ringsherum tritt die Temperaturumkehr im Herbst häufig auf. Deshalb ist „Obheiter“ auch das Ortsthema bei der Wandertrilogie Allgäu. Das mit dem ADAC Tourismuspreis Bayern 2016 ausgezeichnete Weitwanderwegenetz führt 876 Kilometer quer durch die Region und zeigt die drei unterschiedlichen Höhenlagen und einzigartigen Landschaftsbilder, sowie die vielen Geschichten auf den Weg. Auf der Himmelsstürmer Route kann das Oberstdorfer Gebiet über drei Klima- und Vegetationsstufen erlebt werden: Unter der Wolkendecke, zwischen den Wolken und darüber.
Kollektives „Oh“ in der Kabine
„Wenn es so bedeckt ist wie heute, denken die Leute, dass das Nebelhorn daher seinen Namen hat, aber bald wissen sie es besser“, meint Johann Seeweg, der schon vor 45 Jahren für die Nebelhornbahn in Oberstdorf gearbeitet hat. Er startet die Kabine, die durch die dichte Decke hinauf zum Gipfel auf 2224 Metern schwebt. Nebel ist aber nicht gleich Nebel – Einheimische wie er, kennen die Unterschiede ganz genau. Unten hat der Bergbahnler schon die Blaufärbung in Richtung der Seitentäler gesehen und weiß, dass er seine Passagiere gleich in ein spektakuläres Naturschauspiel fahren wird. Durch die Kabine raunt plötzlich ein kollektives „Oh“ und Johann Seeweg lacht verschmitzt. Er genießt den Anblick der Gesichter, wenn er durch die Wolkendecke bricht. „Besonders mag ich, wenn sich der Nebel erst auf 1500 Metern lichtet. Dann wandern die Wolken über die Bergkämme und das sieht dann aus, als ob ein großer Wasserfall ins Tal stürzt.“ Die Aussicht ist phänomenal: Von Nebel über dem „Horn“ keine Spur, der liegt wie ein großes Meer unterhalb der 400 Gipfel, die im Sonnenlicht leuchten und wie Felsen in der Brandung wirken. Die Steinkanten sind stechend scharf gezeichnet, die Temperaturen mild: T-Shirt-Wetter! „Obheiter“ heißt das Wetterphänomen der Temperaturumkehr im Alpenland, was schlicht bedeutet: Oben auf den Gipfeln ist es heiter. Die Temperaturen nehmen in höheren Lagen nicht wie üblich ab, sondern zu. Wenn unten die Luft kühler und feuchter ist, entsteht eine dicke Schicht. Auf den Bergen dagegen ist es sonnig bei strahlend blauem Himmel.
Herbststimmung auf der höchstgelegenen Sennalpe
Das „Darübersein“ genießen nicht nur die Wanderer. „Hier oben fühlen wir uns frei“, meint Linda Seltmann, die mit ihrem Mann die höchste Sennalpe Deutschlands, die Alpe Schlappold, betreibt. Diese liegt unterhalb des Fellhorns, dem Nachbarn des Nebelhorns. Die zwei kleinen Kinder sind immer mit dabei. „Hier haben wir einen ganz natürlichen Lebensrhythmus, wie die Natur auch. Und jetzt im Herbst ist alles ein bisschen ruhiger.“ Was die Werbung oft verspricht, ist bei Florian Seltmann wirklich so: Die 75 Kühe, die ihm die Ortsbauern anvertraut haben, kennt der Alphirte alle beim Namen. Langsam geben sie weniger Milch, trotzdem macht er jeden Tag Käse. Zehn Tonnen werden es sein, wenn bald die ganze Familie samt Helfer und Tieren wieder ins Dorf hinunter geht. In 100 Tagen haben sie dann 100.000 Liter Milch verarbeitet und daraus auch Butter, Trinkjoghurt und Buttermilch hergestellt. Die Tage vor der Rückkehr sind immer auch ein kleiner Abschied: Abends in der Stube macht Florian Seltmann sich ein Feuer und poliert die Glocken für die Kühe, die damit später im Dorf laut klingend ihre Ankunft ankündigen. Dann sind alle wieder unter der Wolkendecke. Und das Nebelhorn? Das ist meist nur vor einem Wetterumschwung mit einem „Horn“ aus Wolken umgeben. Also nichts wie rauf auf den Gipfel!
Übrigens: Der Viehscheid in Oberstdorf findet am 13. September statt.
Alle Termine der Allgäuer Viehscheide finden sich im Internet unter www.allgaeu.de/viehscheid
Planung leicht gemacht:
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