Axel Roggmann: Agieren in Krisensituationen
Interview mit Axel Roggmann im Rahmen der Seminarreihe zu den Themen „Krisenkommunikation“ und „Führen in Krisensituationen“
Interview mit Axel Roggmann im Rahmen der Seminarreihe zu den Themen „Krisenkommunikation“ und „Führen in Krisensituationen“
Wie genau lässt sich eine Krise definieren?
Axel Roggmann: Unternehmenskrisen (oder auch Krisen von Organisationen) sind i.R. ungeplante und ungewollte, nur schwer beeinflussbare, zeitlich begrenzte Prozesse, welche oft sehr komplex, einzigartig verlaufen, nicht nach einem festen Schema, und daher nur bedingt kontrollierbar sind und großen Schaden verursachen können.
Können Sie uns Beispiele einer Krise nennen?
Axel Roggmann: Krisen können in allen Branchen, Bereichen und Unternehmensgrößen entstehen. Zum Bespiel der Absturz einer Germanwings Maschine in den französischen Alpen (2015) welcher durch den Co-Piloten bewusst herbeigeführt wurde, oder die Diesel Affäre seitens Volkswagen welche wirtschaftlich einen enormen Schaden verursacht hat mit weitreichenden, auch personellen, Konsequenzen.
Aber auch regional kann es zu öffentlichen Krisen kommen, siehe der Tierskandal in einem Milchviehbetrieb in Bad Grönenbach, welcher schlussendlich zu einem Tierhaltungsverbot für den Betriebsleiter führte.
Hatten Sie denn bereits eine Krise?
Axel Roggmann: Selbstverständlich, dies ist ja mein Beruf. In meiner Funktion als Kommunikationsberater bzw. Krisenmanager war, bzw. bin ich, in zahlreiche Krisen involviert gewesen und habe diese kommunikativ begleitet. Die größte Krise, welche ich begleitet habe, war eine die weltweit größte Sandwichkette Subway in der DACH Region betreffend, welche durch einen siebenseitigen Artikel im Spiegel ausgelöst wurde (Thema: das Franchisesystem) und u.a. auch im TV, Stern TV, medial groß aufgegriffen wurde.
Ich begleite aber auch Firmenübernahmen kommunikativ, hier gilt es primär präventiv dafür zu sorgen, dass es gar nicht erst zu einer Krise kommt. Hier werden vorab alle möglichen Themen durchgegangen welche evtl. zu Krisen führen könnten, und es wird versucht bereits im Vorfeld Lösungen und Antworten zu erarbeiten.
Inwiefern hat die Mediennutzung heutzutage einen Einfluss auf unsere Wahrnehmung und die Krisenkommunikation?
Axel Roggmann: Eine große Herausforderung in der Krisenkommunikation heutzutage ist die mittlerweile riesige Anzahl der nutzbaren Medien welcher jeder einzelne nutzen kann. Es ist nahezu unmöglich diese Kanäle alle zu „bespielen“ um kommunikativ „gegenzusteuern“, da kann man lediglich Akzente setzen.
Eine weitere große Herausforderung heutzutage sind Social Media Kanäle und Messenger Dienste (Twitter, Facebook, Telegram,…) welche eine enorme Dynamik und Geschwindigkeit in alle Arten von Krisen gebracht haben. Ist ein Thema dort angelangt, sind kommunikative „Eingriffe“ nahezu unmöglich.
Diese große Anzahl an Medien, ergänzt durch Social Media Kanäle, hat dazu geführt, dass wir Menschen vermehrt in unseren eigenen Bubbles (Blasen) leben und unsere Wahrnehmung ist, dass doch alle so denken wie wir, was so sehr oft nicht zutrifft. Wir sehen konträre Meinungen faktisch gar nicht mehr, was durch den Algorithmus der Social Media Kanäle noch unterstützt wird, denn dieser zeigt uns überwiegend nur das an, was er „denkt“, dass unseren Interessen entspricht.
Wie kann ein Ereignis zu einer Krise werden? (Evtl an Stelle 2)
Wenn aufkommende Themen nicht gesehen oder nicht gesehen werden wollen. Das kann dann sehr schnell gehen. Siehe das Thema Firmenübernahmen, da entstehen schnell Ängste zu Werksschließungen, Arbeitsplatzabbau etc. welche auch unbegründet schnell hochkochen können.
Welche Faktoren beeinflussen eine Krise / Kann man das Krisenrisiko minimieren?
Axel Roggmann: Es sind zahlreiche Faktoren, die einen Krisenverlauf beeinflussen.
Zum einen ist es der Faktor „Zeit“, sprich es ist enorm wichtig zu welchem Zeitpunkt eine Krise erkannt wird und man anfängt „gegenzusteuern“. Ist es noch ein leises Lüftchen lässt sich kommunikativ agieren, in einem fortgeschrittenen Orkan wird man allerdings schnell manövrierunfähig. Selbstverständlich ist eine relativ simple Krise eher zu lösen als eine höchstkomplexe. Es kommt auch darauf an, wie gut ein Unternehmen aufgestellt/vorbereitet ist: sind Krisenprozesse definiert, gibt es bereits ein Krisenteam, dann werde ich wesentlich schneller sein, und wahrscheinlich auch professioneller, als wenn ich all das erst kurzfristig aufbauen muss. Was ein weiterer Punkt wäre, wie steht das Unternehmen bzgl. Image da? Positiv wahrgenommene Unternehmen haben in Krisenzeiten wesentlich größere Chancen diese gut zu überstehen, auch die mit den nötigen, freigebenen, finanziellen Mitteln tun sich leichter.
Man kann das Risiko minimieren, indem man sich in Nichtkrisenzeiten gut aufstellt:
Prozesse installiert, ein Team (intern & extern) aufbaut, in sein Image investiert und vor allem durch Frühwarnsysteme dafür sorgt, dass Krisen entweder gar nicht erst entstehen oder zumindest sehr früh erkannt werden.
Wie kann uns Kommunikation in Krisen weiterbringen?
Axel Roggmann: Eine gute Kommunikation kann uns in Krisen helfen, den Schaden für ein Unternehmen/ Organisation so gut es geht zu reduzieren. Dies nutzt i.R. dem Eigentümer wie den Mitarbeitern.
Zur Person
Axel Roggmann ist Gründer und Geschäftsführer der foleys GmbH | communications, der Agentur für Content, PR & interne Kommunikation. Der gelernte Verlagskaufmann und Dipl. Kommunikationswirt durchlief zahlreiche Münchner Agenturen und nimmt heute, neben seinen Tätigkeiten als foleys Geschäftsführer, zusätzlich diverse Lehraufträge an Hochschulen und Akademien wahr.
Hintergrund
Das Interview entstand im Rahmen der Seminarreihe „Agieren in der Krise“ des Geschäftsfelds Resilienz der Allgäu GmbH. Ziel ist es, die regionale Resilienz mithilfe von konkreten Methoden für Unternehmen und Kommunen im Allgäu zu steigern.