Bürgerbeteiligung im Allgäu
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Allgäu GmbH, Philip Herzhoff

Gemeinsam die Zukunft gestalten Bürgerbeteiligung stärkt die Region

Das Thema Bürgerbeteiligung gewinnt in einer Zeit tiefgreifender gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Veränderungen zunehmend an Bedeutung – doch wie kann die Umsetzung gelingen?

    Entscheidend ist es, den Bürger:innen die Möglichkeit zum Mitgestalten zu geben und damit das Engagement und die Identifikation mit den Transformationsvorhaben herzustellen und letztlich für eine höhere Akzeptanz zu sorgen.

    Um einen Prozess im Rahmen der Bürgerbeteiligung zu gestalten, sind folgende Voraussetzungen zu beachten:

    • Ergebnisoffenheit
    • Betroffene miteinbeziehen
    • Konkrete und klar formulierte Fragestellung
    • Commitment
    • Entscheider:innen mit Intention zur Umsetzung und Verwendung der Ergebnisse
    • Gestaltungsspielraum
    • Kommunikation
    • Transparenz

    Wir sprechen mit Marianne Pfaffinger darüber, wie die Umsetzung gelingen kann. Sie leitet bei experience consulting in München den Bereich Dialog und Partizipation und gibt Einblicke, wie politische Akteure und Unternehmen diesen gemeinschaftlichen Ansatz effektiv in die Praxis umsetzen können.

    Was bedeutet Bürgerbeteiligung für Sie?

    Marianne Pfaffinger: Bürgerbeteiligung bedeutet, Bürger:innen in Entscheidungsfindungen einzubeziehen, die ergebnisoffen sind. Dabei erteilt man den Bürgerinnen und Bürgern quasi den Auftrag oder äußert den Wunsch, die unterschiedlichen Sichtweisen in der Bürgerschaft als Entscheidungsgrundlage einzubringen, nach der sich dann bestmöglich gerichtet wird.

    Wie kann Bürgerbeteiligung am besten umgesetzt werden?

    Marianne Pfaffinger: Thematisch sehe ich da wenig Grenzen, da alle Entscheidungen, die eine Kommune oder ein Unternehmen betrifft, letztendlich die Bürger:innen oder Mitarbeitende betreffen. Insbesondere Themen, bei denen klar ist, dass es in der Bevölkerung diverse Sichtweisen gibt und möglicherweise bereits eine gewisse Polarisierung ins Spiel gekommen ist, kann mit den richtigen Methoden gut herausgearbeitet werden, welche Bandbreite und Schwerpunkte die Meinungen tatsächlich haben.

    Was macht für Sie dann eine gelungene Bürgerbeteiligung aus?

    Marianne Pfaffinger: Sie sollte auf jeden Fall Spaß machen, das ist ganz wichtig. Bei der Beteiligungsplanung, muss besonders auf Zugänglichkeit Wert gelegt werden, sodass Menschen, die z.B. Betreuungspflichten haben oder berufstätig sind, ebenfalls mitmachen können – z.B. durch aufsuchende und online Elemente. Bei Veranstaltungen, ist es sehr wichtig, dass ein echter Dialog stattfindet, bei dem die Teilnehmer:innen sich einander zuhören und gemeinsam um Lösungen ringen. Es soll nicht nur darum gehen, unterschiedliche Meinungen gegenüberzustellen, kurz für etwas zu „voten“ und dann getrennte Wege zu gehen.

    Was sehen Sie für Herausforderungen und Potenziale bei so einer Beteiligung?

    Marianne Pfaffinger: In Bezug auf die Herausforderungen sehe ich eine signifikante Aufgabe bei der Gewinnung von Teilnehmenden, die sich noch nicht für das Thema interessieren, jedoch direkt davon betroffen sind. Eine große Herausforderung ist es, dass man die Diversität, die in der Bevölkerung vorliegt, auch in den Ergebnissen der Beteiligung abbildet.
    Die Potenziale in diesem Bereich sind enorm. Eine Bürgerbeteiligung kann nicht sämtliche Probleme lösen, das ist klar. Jedoch können wir hier genau das ermöglichen, was oft so bitter fehlt: empathische, konstruktive Diskussion statt polarisierender Schlagabtausche aus der Ferne. Das Gewinnen neuer Einblicke und das Verstehen, warum Menschen unterschiedliche Meinungen haben, ermöglicht es, offener für andere Standpunkte zu werden. Ja, und es bietet eine Gelegenheit zur Gestaltung. Das schafft Vorfreude, und für die Entscheider:innen Klarheit, was akzeptiert wird. Es ist nicht mehr die Zeit, in der Dinge von oben nach unten (top down) vorgegeben werden können.

    Was würden Sie Kommunen wie auch Arbeitgeber:innen auf den Weg geben, die Partizipation gerne mehr etablieren wollen?

    Marianne Pfaffinger: Entwickeln Sie eine konkrete Fragestellung, über die dann ein guter Dialog geführt und Ergebnisse produziert werden können. Es ist ungemein wichtig, den Auftrag ernst zu nehmen, den man an die Bevölkerung oder auch an die Mitarbeitenden gibt – und ihnen zu kommunizieren, dass wir ihre Sichtweisen benötigen, dass wir wirklich ihre Meinung hören wollen und sie bestmöglich durch unsere Entscheidungen umsetzen möchten. Es braucht während des Prozesses ein hohes Maß an Transparenz, wie am Ende mit den Ergebnissen umgegangen wird. Das erfordert auch erstmal die Bereitschaft dafür. Der Gestaltungsspielraum muss klar definiert und kommuniziert werden, damit keine falschen Erwartungen geweckt werden. Und nicht zuletzt: Werden Sie kreativ und schaffen Sie Beteiligungsangebote, die Lust aufs Mitmachen wecken.

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