Studie bestätigt solide Basis fürs Allgäu. Bauminister Dr. Reichhart verspricht Lockerungen im Baurecht - Die Wohnraumentwicklung und Prognose bis zum Jahr 2030 sehen nicht nur Politiker als einen wichtigen Schwerpunkt künftiger Weichenstellung im Allgäu: 120 Vertreter aus der Wirtschaft, Architekten und Wissenschaftler sowie Kommunalpolitiker nahmen an der 17. Allgäu Initiativ Konferenz und 2. FreiraumTagung Allgäu in Wildpoldsried teil. Hier wurden die Ergebnisse der Wohnbedarfsprognose Allgäu 2030 vorgestellt.
Diese wurde im Auftrag der Allgäu GmbH von der Münchner bulwiengesa AG, einem unabhängigen Analyseunternehmen der Immobilienbranche, erstellt. Aus der Studie sollen Handlungsempfehlungen für Kommunen abgeleitet werden. Denn das Allgäu wächst dank der guten Beschäftigungslage in der Industrie und im Tourismus weiter. Damit einher geht aber auch der Bedarf nach neuem Wohnraum. Auch fordert die demografische Entwicklung ein Umdenken in der kommunalen Bauentwicklung. „Die Studie liefert verlässliche Daten für Diskussionen über den notwendigen Wohnungsbau in den Kommunen. Zudem versprechen wir uns Anregungen für eine bessere Abstimmung und Zusammenarbeit in der Region und zwischen Wirtschaft und Kommunen“, erklärte Landrat Anton Klotz, Aufsichtsratsvorsitzender der Allgäu GmbH. Tausende von Daten von 147 Kommunen wurden ausgewertet, um aussagekräftige Prognosen für die Landkreise und kreisfreien Städte zu erhalten. Zusammenfassend kommt die Studie zu dem Ergebnis, dass die Rahmenbedingungen im Allgäu stimmen, aber Entwicklungen wie Verkleinerung der Haushalte und eine immer ältere Gesellschaft verstärkt berücksichtigt werden müssen. Dr. Hans Reichhart, Bayerischer Staatsminister für Wohnen, Bau und Verkehr, begrüßte die Allgäuer Wohnraumstudie. In seinem Vortrag „Maßnahmen und Vorhaben der Staatsregierung“ versprach er beispielsweise das Baurecht zu lockern, so dass Wohnraum geschaffen werden könne ohne neue Flächen zu beanspruchen. Der Staatsminister forderte die Kommunen auf, den sozialen Wohnungsbau nicht den Städten zu überlassen. Der Zuzug neuer Menschen und eine alternde Gesellschaft bergen gerade im ländlichen Raum Chancen für neue Wohnformen.
Bevölkerungsentwicklung stellt Kommunen vor Herausforderungen
Die demografische Entwicklung in Deutschland macht auch im Allgäu nicht Halt: 2030 werden mehr als 26 % der Menschen über 65 Jahre alt sein. Einhergehend mit der positiven Standortentwicklung wächst auch der Bedarf an Wohnraum für Fachkräfte. So stieg die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten seit 2012 um 12 %, die der Einwohner um über 4 %. Bis 2030 werden nochmals knapp 2 % mehr Menschen im Allgäu wohnen. Auf diese Entwicklung haben Kommunen bereits reagiert und neuen Wohnraum geschaffen. Doch der hohe Bedarf an Wohnungen und die Zinssituation hat die durchschnittlichen Kaufpreise für Alt- und Neubauten sowie Grundstücke und Mieten im ganzen Allgäu deutlich erhöht.
Wie Dr. Heike Piasecki von bulwiengesa AG erläuterte, werde der Bedarf an neu zu schaffenden Wohnraum bis 2024 steigen. Ab 2030 sei der Wohnraumbedarf ausgeglichen. Künftige Neubauten müssen allerdings andere Anforderungen erfüllen als bisher: Die Wohneinheiten werden kleiner, weg vom geräumigen Einfamilienhaus zu Wohnungen für Paare und Singles. Barrierefreiheit, wohnbegleitende Dienstleistungen und eine gute Infrastruktur seien die neuen Voraussetzungen. Auch, um Fachkräfte gewinnen und halten zu können. Die Studie hat zudem das Allgäu in fünf verschiedene Räume gegliedert, um die Region in seiner Ausprägung und Wohnraumbedarf abbilden zu können. Deutliche Differenzen zwischen Bedarf und Angebot sind beispielsweise in den Ballungsräumen und touristisch geprägten Gemeinden erkennbar. So ist gerade dort das Wohnen teuer, wo aber günstiger Wohnraum für Studierende oder Fachkräfte im Dienstleistungssektor wie Tourismus oder Pflege nötig wären. Hier seien die Kommunen in der Pflicht, Lösungen zu schaffen.
Wie neue Formen des Wohnens im Jahr 2035 aussehen können, zeigte Michael Neitzel von inWIS (Institut für Wohnungswesen, Immobilienwirtschaft, Stadt- und Regionalentwicklung). Zukünftige Generationen haben andere Vorstellungen von Wohnen und Arbeiten. Mehrere Wohneinheiten eines Hauses teilen sich nicht nur beispielsweise ein gemeinsames Wohnzimmer, sondern auch das Büro, sogenannte CoWorking Spaces. Auch die gemeinsame Nutzung von Werkzeug oder E-Bikes sowie Car-Sharing werden selbstverständlich sein.
Wohnen im Allgäu – solide Rahmenbedingungen für eine gute Zukunft
Die Wohnraumstudie stellt dem Allgäu zunächst ein gutes Zeugnis aus: Die Region zeichnet sich durch eine heterogene Wirtschaftsstruktur, der Nähe zu weiteren wichtigen Wirtschaftsstandorten, einer hohen Freizeit- und Wohnqualität mit einer hohen Eigentumsquote aus. Die niedrige Arbeitslosenquote, die positive Bevölkerungsentwicklung und das Flächenpotenzial bilden ein stabiles Fundament. Gute Rahmenbedingungen für ein zukunftsfähiges Allgäu sind also vorhanden. Doch die Kommunen müssen der Nachfrage nach immer mehr kleineren Wohneinheiten und der zunehmenden Überalterung der Gesellschaft Rechnung tragen. Kommunale Baulandstrategien, zielgruppenspezifische Angebote, interkommunale Kooperationen, Quartiersentwicklung und Nachverdichtungspotenziale sowie die Innen- und Außenentwicklung sind Werkzeuge, das Allgäu gut in die Zukunft zu führen.
„Mit den validen Daten, den Impulsen und Ideen werden wir spannende Diskussionen in unseren Kommunen führen und eine nachhaltige und zukunftsorientierte Standortentwicklung betreiben. So können wir unsere Vision fürs Allgäu verwirklichen und auch künftig eine führende Region zum Leben und Arbeiten sein“, fasst Klaus Fischer, Geschäftsführer der Allgäu GmbH, die Tagung zusammen.