Im Interview erzählt Johannes Rydzek, dass er die WM in seiner Heimat Oberstdorf auch ohne Zuschauer genießen möchte.
Nur noch wenige Tage bis zum Start der Nordischen Ski-WM in Oberstdorf. Mit einer imposanten Show mit Licht, Feuer, Laser und Drohnen sowie einem Auftritt von Darstellern des Musicals Ludwig II wird zum dritten Mal in der Geschichte eine Ski-WM im Allgäu eröffnet. Die Eröffnungsfeier findet wie auch die Wettkämpfe ohne Zuschauer statt. Als einer der Athleten bei der WM mit dabei sein wird der Oberstdorfer Lokalmatador Johannes Rydzek, zweifacher Olympiasieger und sechsfacher Weltmeister in der Nordischen Kombination und Deutschlands Sportler des Jahres 2017. Die Vorfreude auf die „WM dahoam“ bei ihm ist ungebrochen.
Frage: Seit 2016 fiebern sie nun auf die SKI-Weltmeisterschaft in ihrer Heimat Oberstdorf hin. Wie sehr freuen sie sich, dass es nun in wenigen Tagen los geht?
Johannes Rydzek: Die Vorfreude auf die Heim-WM ist riesig. Ich kann mich noch sehr gut an die Nachricht aus Cancun erinnern, als beim FIS-Kongress die WM bei der fünften Bewerbung endlich nach Oberstdorf vergeben wurde. Auch wenn ich jetzt selbstverständlich in den letzten fünf Jahren nicht jeden Tag an die WM 2021 gedacht habe, so war das Thema doch immer irgendwo präsent.
Frage: Viele haben noch die Bilder aus 1987 oder 2005 vor Augen. Die Begeisterung war unglaublich und es wurde ein großes Skifest im Allgäu gefeiert. 2021 wird alles anders sein.
Johannes Rydzek: Das ist die große Tragik an der Geschichte. Kein Veranstalter und kein Athlet konnte sich das vorstellen, dass es mal soweit kommen wird. Es tut mir für das ganze WM-OK Team, für die haupt- und ehrenamtlichen Helfer in der Seele weh, dass wir nun die WM ohne Zuschauer erleben. Aber auch für die ganze Region ist es bitter. Hotels, Vermieter, Einzelhändler, Restaurants, für alle ist eine WM ohne Zuschauer eine Katastrophe.
Frage: Die Stimmen wurden in den letzten Wochen laut, die WM sollte abgesagt werden.
Johannes Rydzek: Ich habe aber auch sehr viel Zuspruch erhalten in den letzten Tagen. Viele Menschen gönnen uns von Herzen, dass die WM stattfindet. Ich finde es auch extrem cool, wie viele Geschäfte in Oberstdorf dekoriert und geschmückt sind. Schließlich sind doch neben den Athleten auch viele Helferinnen und Helfer von auswärts, sowie Medienvertreter aus der ganzen Welt im Ort. Da ist es sehr wertvoll, sich herzlich und gastfreundlich zu präsentieren.
Ich halte es für richtig, die WM auch in dieser Form durchzuführen. Das Organisationskomitee in Zusammenarbeit mit dem Internationalen Skiverband und den örtlichen Behörden werden alles dafür tun, dass die Sicherheit der Teilnehmer, Helfer aber auch Bürger gewährleistet ist. Für uns Sportler ist es nicht nur unser Job, sondern unsere Leidenschaft solche Veranstaltungen zu erleben und erfolgreich zu gestalten. Für Oberstdorf und das Allgäu ist es auch dennoch eine ausgezeichnete Werbung, wenn die eindrucksvollen Bilder der Wettkampforte hinausgetragen werden in die Welt.
Frage: Aber alles ohne das bunte Treiben der Zuschauer. Spaß machen kann es doch sicher nicht, in einer leeren WM-Skisprung Arena und einem leeren WM-Langlaufstadion Ried um Medaillen zu kämpfen, oder?
Johannes Rydzek: Keine Frage, mit 25.000 Menschen als Zuschauer wäre der Spaßfaktor unbeschreiblich. Das ist der Kick, den man als Sportler besonders liebt. Wir sind aber alles Wettkampftypen und motivieren uns gegenseitig in diesen Wettbewerb-Situationen. Wenn man dann noch jede Ecke an den Anlagen, fast jeden Helfer oder Helferin persönlich kennt, dann ist das schon etwas ganz Besonderes. Ich will die Wettkämpfe und die Tage der WM einfach auch so gut es geht genießen.
Frage: Spüren Sie keinen Erfolgsdruck?
Johannes Rydzek: Den Druck haben aktuell bei der Nordischen Kombination sicher andere. Jarl-Magnus Riiber ist auch in dieser Saison in bestechender Form, aber auch mein Teamkollege Vinzi Geiger hat bewiesen, dass er siegen und auch Riiber schlagen kann. Mit dem Verlauf meiner Formkurve bin ich zufrieden. Zuletzt konnte ich in Klingenthal sowohl beim Springen als auch beim Laufen überzeugen. Ich gehe mit Selbstvertrauen und Zuversicht in die Wettkämpfe in Oberstdorf.
Frage: Gibt es ein konkretes Ziel?
Johannes Rydzek: Zunächst müssen wir mal schauen, wen der Bundestrainer bei welchem Wettbewerb nominiert. Mit der Mannschaft wollen wir definitiv um den Titel mitkämpfen. Alles andere ist bzw. wäre dann Bonus.